01.06.2023, Polizeipräsidium Niederbayern

LKR. STRAUBING-BOGEN. Ermittlungen im Zuge eines Sammelverfahrens der Staatsanwaltschaft Regensburg zusammen mit der Kriminalpolizeiinspektion Straubing vom Juni 2021 wegen des Verdachtes der Verbreitung, des Erwerbes und des Besitzes von kinder- und jugendpornographischer Inhalte führten zu einem weiteren Großverfahren. Bei der Auswertung des Mobilgerätes eines 33-jährigen Mannes aus dem Landkreis Straubing-Bogen wurden zwar keine kinder- oder jugendpornographische Inhalte festgestellt, dafür aber circa 390.000 Bilddateien mit überwiegend rechtsradikalem Hintergrund.

Daraufhin ermittelte das Kommissariat Staatsschutz der Kriminalpolizeiinspektion Straubing zusammen mit der Staatsanwaltschaft Regensburg seit Anfang April 2022 aufgrund sogenannter Hassrede im Internet, insbesondere wegen des Verdachtes des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen und der Volksverhetzung. Die Ermittlungen richteten sich neben dem 33-Jährigen gegen zahlreiche weitere Beschuldigte aus ganz Deutschland und dem benachbarten deutschsprachigen Raum.

Hassrede – was ist das?

Hassrede oder auch Hatespeech genannt, findet sich auf Plattformen sämtlicher sozialer Netzwerke, insbesondere in den Kommentarspalten, aber auch in E-Mails oder innerhalb von Chatgruppen einschlägiger Messengerdienste wieder. Die Inhalte von Hassrede sind eine Form von Gewalt, die durch Sprache, Worte sowie Bilder und Videos ihren Ausdruck findet und sich in den digitalen Medien ausbreitet. Meist zielen solche Kommentare oder Nachrichten auf eine Personengruppe oder gar eine Einzelperson ab. Sie können extremistisch, rassistisch, antisemitisch, sexistisch, homophob, holocaustverleugnend oder gewaltverherrlichend sein und beleidigen oder bedrohen beispielsweise aufgrund Nationalität, ethnischer Zugehörigkeit, Hautfarbe, sozialen Status oder sexueller Orientierung.

Diese hasserfüllten Äußerungen erfüllen dann einen Straftatbestand, wenn sie die Grenzen der freien Meinungsäußerung überschreiten und die Rechte anderer verletzen. In Deutschland schützen die im Grundgesetzt verankerten Grundrechte jede Person vor Diskriminierung. Auch seitens der Gesetzgebung wurde auf das Phänomen der Hassrede reagiert. So ist beispielsweise zum 22.09.2021 der §192a StGB (Verhetzende Beleidung) neu in Kraft getreten.

Weiterleitung von über 500 Strafanzeigen an die Staatsanwaltschaft

Im Zuge des Großverfahrens vom April 2022 wurden Bild- und Videodateien meist mit rechtsradikalem Hintergrund innerhalb von Chatgruppen verschickt, ausgetauscht und somit aus öffentlich gemacht.

Seit Beginn der kriminalpolizeilichen Ermittlungen wurden der Staatsanwaltschaft Regensburg insgesamt knapp über 500 Strafanzeigen vorgelegt. Darunter befinden sich auch Strafanzeigen gegen weitere Beschuldigte aus Niederbayern. Die übrigen Tatverdächtigen stammen aus dem gesamten Bundesgebiet Deutschland sowie aus dem benachbarten deutschsprachigen Ausland, Österreich und der Schweiz. Diese Ermittlungsvorgänge wurden durch die Staatsanwaltschaft Regensburg an die tatortzuständige Staatsanwaltschaft, auch in Österreich und der Schweiz, zur weiteren Strafverfolgung abgegeben.

Bei den hauptsächlich tangierten Straftatbeständen handelt es sich um das Verwenden Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen und um Volksverhetzung sowie in weniger Fällen um Gewaltdarstellungen oder die Belohnung und Billigung von Straftaten. Diese Straftatbestände stellen Vergehen nach dem Strafgesetzbuch dar und können mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe belegt werden. Im Zuge des Sammelverfahrens wurden drei Ermittlungsverfahren aufgrund des Vorliegens von Bilddateien mit kinder- und jugendpornographischen Inhaltes aufgenommen.

Zu einigen der über 500 versandten Vorgänge liegen bereits Verfahrensausgänge vor. Gegen den 33-jährigen Mann aus dem Landkreis Straubing-Bogen wurde unter anderem aufgrund des Verschickens eines Bildes, welches den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllte, eine Geldstrafe in Höhe von 5400 Euro verhängt.                   

Einschreiten – dokumentieren – melden

Wenn Kommentare oder Nachrichten beleidigen, bedrohen, sogar zu Diskriminierung, Feindseligkeit und Gewalt gegen Personen aufgrund bestimmter Eigenschaften aufrufen, ist es wichtig, sie nicht zu ignorieren oder einfach hinzunehmen. Hassbotschaften klar ansprechen und ihnen widersprechen. Zur konsequenten Meldung von problematischen Inhalten ist das Sichern von Beweisen durch Erstellen von Screenshots und Speichern von Chatverläufen unumgänglich.

Betroffene, aber auch Dritte, können solche Hass-Postings bei jeder Polizeidienststelle zur Anzeige bringen. Sind durch diese Straftatbestände verwirklicht, wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und die Ermittlungsmöglichkeiten voll ausgeschöpft. Den Beamten der Polizeiinspektionen stehen hierbei die Spezialisten der Kommissariate 11 (Cybercrime) bei den Kriminalpolizeiinspektionen unterstützend zur Seite. Fälle wie das genannte Großverfahren werden gegebenenfalls von den Kriminalpolizeiinspektionen bearbeitet.

Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das seit Ende 2017 in Kraft ist, werden Hasskriminalität, strafbare Falschnachrichten und andere strafbare Inhalte auf den Plattformen sozialer Netzwerke wirksamer bekämpft. Unter anderem werden danach die Betreiber sozialer Netzwerke zum Löschen von entsprechenden Hasskommentaren/-postings aufgefordert. Sofern keine fristgerechte Löschung erfolgt, wird dies an das Bundesamt für Justiz gemeldet, das anschließend über weitere Schritte entscheidet.


Meldestellen und weiterführende Informationen

Eine Meldestelle für Hetze im Internet, ein Angebot der Jugendstiftung Baden-Württemberg: REspect! – Gegen Hetze im Netz

Internetbeschwerdestelle – Gemeinsam gegen rechtswidrige Inhalte im Internet: Internet-Beschwerdestelle

Polizeiliche Kriminalprävention: Hasskriminalität – Wenn Vorurteile in Gewalt umschlagen

Polizeiliche Kriminalprävention: Richtig Handeln bei Hass im Netz


Medienkontakt: Polizeipräsidium Niederbayern, PKin Hiller, Tel. 09421/868-1013
Veröffentlicht: 01.06.2023, 09.40 Uhr