02.09.2020, Polizei Bayern

Zu Beginn der 1970er Jahre wurde Bayerns Polizei ähnlich wie im übrigen Bundesgebiet mit einer neuen Form der politischen Kriminalität konfrontiert.

Terroristische Aktionen mit hohem Gewaltpotential schufen zunächst Verunsicherung, führten dann aber zu energischen Gegenmaßnahmen der Staatsorgane. Politisch motivierte Gewaltakte hatte es zwar vereinzelt schon früher gegeben, so etwa Sprengstoffattentate in München in Form von Postsendungen an Bundeskanzler Adenauer (1952) oder an einen slowakischen Exilpolitiker (1955). Mit dem Abdriften radikaler Splittergruppen der APO in die Illegalität wurde allerdings ab 1969/70 eine neue Dimension erreicht. Polizei und Justiz wurden nun zunehmend selbst zum Ziel linksextremistischer Aktionen. Eine Serie kleinerer Brand- und Sprengstoffanschläge bildete 1970/71 den Anfang, verübt von militanten Anhängern der subkulturell verwurzelten “Tupamaros München”. Außerdem attackierten im Februar 1970 arabische Täter die Passagiere einer israelischen Maschine im Münchner Flughafen. Sieben Menschen starben beim Brandanschlag auf ein jüdisches Altenheim. Wenig später wurde dann auch die terroristische “Rote Armee Fraktion” in Bayern aktiv, unter anderem mit einem Autobombenattentat auf das LKA-Gebäude im Mai 1972.

Spektakulärer Höhepunkt des arabisch-palästinensischen Terrors in Bayern war das Attentat auf die israelische Olympiamannschaft in München am 5. September 1972. Beim Versuch der Polizei, neun Geiseln auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck zu befreien, kamen diese ebenso wie fünf der acht Attentäter und ein Polizeibeamter ums Leben. Der Einsatz der Münchner Polizei, die unzureichend auf den Anschlag vorbereitet war, wurde anschließend zum Teil heftig kritisiert. Zwischen 1974 und 1977 spitzten sich die Auseinandersetzungen mit der RAF weiter zu: Flugzeugentführungen, Geiselnahmen und Attentate erschütterten die Bundesrepublik. In den 1980er Jahren unternahmen RAF-Mitglieder weitere Mordanschläge in Bayern. Das folgenschwere Bombenattentat auf das Münchner Oktoberfest 1980 wurde hingegen einem rechtsgerichteten Einzeltäter zugeschrieben.

Die Terrorismuswelle der 1970er Jahre hatte unmittelbare Konsequenzen für die Polizei. Nach den ersten Anschlägen, die vorrangig ein Problem der örtlichen Polizei waren, wurden ab 1973 Spezialeinheiten geschaffen (Sonder- bzw. Mobile Einsatzkommandos). Die bereits eingeleiteten Polizeireformen wurden beschleunigt. Das Bundeskriminalamt zog verstärkt Kompetenzen an sich. Mit hohem Fahndungsaufwand und elektronischen Datensammlungen gelangen schließlich Erfolge im Kampf gegen den Linksterrorismus. Neue Herausforderungen seit den 1990er Jahren bilden rechtsradikale Gewaltaktionen, aber auch der Terror durch ausländische Gruppen wie Kurden und Islamisten.
 

Kaum ein anderes Handlungsfeld der Polizei steht so sehr im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit wie ihr Umgang mit Massenprotesten. Strategien und Einsatzformen der bayerischen Polizei gegenüber Demonstrationen, Kundgebungen, Streiks und Unruhen haben sich in 60 Jahren ebenso verändert wie das Verhalten der Protestteilnehmer.

Während der Besatzungszeit ergaben sich nur wenige konfrontative Protestsituationen. Ab 1950 standen zunächst Veranstaltungen linker Parteien im Vordergrund. Von den Endbildern des Kalten Krieges geleitet, trat die Polizei in München bei kommunistischen Aktionen prinzipiell mit großer Härte auf. Heftige Zusammenstöße gab es auch nach Gewerkschaftskundgebungen. Mit Stahlhelmen und Karabinern ausgerüstet und flankiert von ihrem Wasserwerfer wendeten die Einsatzhundertschaften der Stadtpolizei wiederholt massive Gewalt an, um öffentliche Straßen und Plätze zu räumen, und trafen dabei auch Unbeteiligte. Diese Vorgehensweise beherrschte ebenso die polizeilichen Maßnahmen gegen die “Ladenschlussunruhen” der Jahre 1953/54 in der Münchner Innenstadt. Anlässlich des Streiks der bayerischen Metallarbeiter im August 1954 gab es zwar in Städten wie Augsburg ebenfalls Konflikte, Land- und Bereitschaftspolizisten reagierten aber überwiegend besonnen.

Die Probleme der Polizei mit den “Halbstarken” der späten 1950er Jahre blieben in Bayern vergleichsweise gering. Umso konfliktträchtiger verliefen die “Schwabinger Krawalle” vom Juni 1962. Fünf Nächte lang lieferte sich die Münchner Stadtpolizei Straßenschlachten mit mehreren Tausend musikbegeisterten Jugendlichen und Studenten, die sich nicht von der Leopoldstraße vertreiben lassen wollten. Für ihre undifferenzierten Räumungseinsätze musste die Polizei schwere Kritik in den Medien einstecken. Einzelne Polizisten wurden wegen Übergriffen sogar gerichtlich belangt.

In der Folgezeit entwickelte die Münchner Stadtpolizeiführung um Manfred Schreiber ein flexibles, weniger konfrontatives Konzept mit konsequenter strafrechtlicher Ahndung. Im Zusammenhang mit der neuen “Münchner Linie” entstand 1964 der bundesweit erste Psychologische Dienst bei einer Polizeibehörde. Mit diesen Erfahrungen war die Polizei in München besser als in anderen deutschen Städten auf die 68er-Studentenproteste eingestellt. Dennoch ereigneten sich während der “Osterunruhen” 1968 auch hier scharfe Konflikte, bei denen sogar zwei Menschen starben.

In den 1980er Jahren wurden mit dem massenhaften Widerstand gegen die nukleare Nachrüstung der NATO und gegen die Nutzung der Atomkraft neue Protestwege beschritten.

Die heftigsten Auseinandersetzungen ereigneten sich ab 1985 bei Demonstrationen gegen den Bau der atomaren Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf (Oberpfalz). Auf beiden Seiten eskalierte immer wieder die Gewalt, viele Personen wurden verletzt.

Militante Kernkraftgegner warfen Brandsätze und schossen mit Stahlkugeln, die Polizeieinheiten aus Bayern und anderen Bundesländern setzten CS-Reizstoff, Hubschrauber und Wasserwerfer ein. Erst nach dem Baustopp 1989 beruhigte sich die Lage. Umstritten war auch der Polizeieinsatz beim Münchner Weltwirtschaftsgipfel 1992. In jüngster Zeit setzt die Polizei in Bayern erfolgreich auf demonstrative Stärke, so etwa bei Protestaktionen gegen Globalisierung und Rechtsextremismus.

 

Neben dem Einsatz bei politischen Protestereignissen gehört es auch zu den Aufgaben des Einzeldienstes und der Bereitschaftspolizei, Großveranstaltungen jeder Art abzusichern. Dabei sollen Anschläge und Störungen vermieden und ein reibungsloser Verlauf gewährleistet werden.

Zu nennen sind hier zunächst Besuche ausländischer Staatsgäste, bei denen die Polizei auch repräsentative Funktionen erfüllt, so z.B. bei der Staatsvisite der englischen Königin in München im Mai 1966 und bei den Papstbesuchen 1980, 1987 und 2006. Ehrenformationen werden im Übrigen auch bei Staatsbegräbnissen gestellt. Religiöse Großkundgebungen wie der Evangelische Kirchentag 1959 und der Eucharistische Weltkongress 1960 wurden ebenfalls polizeilich begleitet. Immer wichtiger wird der kostenintensive Schutz von Sportveranstaltungen. Hier sind vor allem die Olympischen Spiele 1972 und die Fußballweltmeisterschaften 1974 und 2006 anzuführen. Hinzu kommt die Absicherung größerer Rock- und Popkonzerte. Den mit Spannung erwarteten Auftritt der Beatles in München im Juni 1966 meisterte die Stadtpolizei besonders geschickt.

Für die Katastrophenhilfe stehen vor allem Kräfte der Bereitschaftspolizei zur Verfügung. Unverzichtbar sind Einsätze bei Hochwasser- und Lawinenkatastrophen, Flugzeugabstürzen und Eisenbahnunglücken.