Gemeinsame Pressemitteilung der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg und des Bayerischen Landeskriminalamts
Anstoß der Ermittlungen war der Todesfall eines 44-jährigen Mannes in Rosenheim im April 2021. Bei den Todesfallermittlungen der Kriminalpolizeiinspektion Rosenheim ergab sich, dass der u. a. an einer Kokain-Intoxikation Verstorbene die Betäubungsmittel auf einer Website im Internet bestellt hatte. Die Betreiber dieser Plattform führten dort auf, dass sie in der Vergangenheit aus dem Darknet agierten, allerdings die Hürde zum Erwerb der Betäubungsmittel so niedrig wie möglich halten wollten und daher vor mehreren Jahren ins Clearnet gewechselt seien. Auf der Website konnten die jeweils verfügbaren Drogen und Preise angesehen werden. Die Bestellung erfolgte per E-Mail oder über einen Messenger-Dienst, wobei mittels digitaler Währung (Bitcoins oder Monero) gezahlt wurde. Der Versand erfolgte weltweit größtenteils aus Deutschland. Die Ermittlungen hinsichtlich der Website wurden an die Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) abgegeben und dort ab Oktober 2021 gemeinsam mit dem BLKA geführt.
In enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Post und durch Kryptoermittlungen konnte ein 46-jähriger Mann, der die britische und südafrikanische Staatsangehörigkeit besitzt, in Berlin identifiziert werden. Schnell stellten die Rauschgiftfahnder fest, dass auch das Landeskriminalamt Berlin Ermittlungen gegen den 46-Jährigen führt, da dieser eine weitere bislang unbekannte Seite im Clearnet betrieb. Auch dieses Verfahren wurde von der ZCB übernommen.
Bei seiner Festnahme am 15. Januar 2022 konnten in seiner Wohnung ca. 35 Kilogramm Betäubungs- und Arzneimittel sichergestellt werden.
Die Ermittlungen führten auch zu einem weiteren Tatverdächtigen, ein 46-jähriger Niederländer, der am 19. April 2022 ebenfalls in Berlin festgenommen wurde. In seinem Anwesen in den Niederlanden konnten ca. 4 Kilogramm Betäubungsmittel aufgefunden werden.
Die beiden Festgenommen hatten seit Juli 2019 zunächst über das Darknet, dann über das Clearnet Betäubungsmittel verkauft und versandt. Anhand der Bestelllisten konnten 2150 Bestellungen in 61 Länder, davon fast 800 Lieferungen nach Deutschland nachgewiesen werden. In dem genannten Zeitraum wurden unterschiedlichste Betäubungsmittel wie MDMA, Kokain, Speed, Crystal Meth und 200.000 Tabletten wie Ecstasy mit einem Gesamtwirkstoffgehalt von 60 kg über das Internet verkauft und versandt. Durch den Verkauf der Betäubungsmittel erzielten die Tatverdächtigen einen Betrag von mehr als 500.000 €.
Am 26. Oktober 2022 wurde durch die ZCB Anklage zur für Cybercrimesachen zuständigen Strafkammer des Landgerichts Bamberg erhoben. Mit Urteil vom 17. Januar 2023 erfolgte eine Verurteilung wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge. Beide Angeklagte waren vollumfänglich geständig und leisteten umfassende Aufklärungshilfe. Sie wurden jeweils zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahre und 2 Monaten verurteilt, wobei auch die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet wurde.
Mit diesen Festnahmen waren die Ermittlungen nicht abgeschlossen: Im August 2022 wurden in Kleve zwei weitere Tatverdächtige festgenommen. Die 31-jährige Frau und der 35-jährige Mann, beide niederländische Staatsangehörige, waren für den weltweiten Versand zuständig. In ihrer Wohnung wurden weitere 5 Kilogramm Betäubungsmittel sichergestellt. Im Tatzeitraum von Dezember 2021 bis zur Festnahme im August 2022 verpackten und versendeten die Tatverdächtigen über das Internet mindestens 7 kg Betäubungsmittel wie Heroin, Kokain und Crystal Meth, sowie 68.000 LSD-Trips. Hierfür erhielten die Tatverdächtigen einen Betrag von 5.000 € monatlich.
Am 19. Mai 2023 wurde der 35-Jährige vom Landgericht Bamberg wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 10 Monaten, die 31-Jährige zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 2 Monaten verurteilt.
Alle Urteile sind rechtskräftig.
Anhand dieser Ermittlungen und der Geständnisse der Verurteilten konnten drei weitere niederländische Staatsangehörige ermittelt und im August 2023 festgenommen werden.
Ein 31-Jähriger, der als Kurier fungiert haben soll, konnte gemeinsam mit der nordrhein-westfälischen Polizei am 28. August 2023 in Düsseldorf festgenommen werden. Er führte ca. 20 kg Rauschgift mit sich.
In enger Zusammenarbeit mit den niederländischen Behörden konnte einer der mutmaßlichen Hintermänner, 32 Jahre alt, kurze Zeit später in Amsterdam festgenommen werden und wurde sehr schnell nach Deutschland ausgeliefert. Der zweite mutmaßliche Hintermann, ein 28-Jähriger, konnte zunächst flüchten, stellte sich am 30. August 2023 selbst den Behörden und befindet sich derzeit in Auslieferungshaft in den Niederlanden.
Die niederländischen Behörden konnten fünf Objekte durchsuchen und hierbei Vermögenswerte (Bargeld, Luxusgegenstände etc.) und Datenträger sicherstellen.
Die Ermittlungen dauern an.
Parallel hierzu werden gegen alle identifizierten Besteller der Betäubungsmittel Strafverfahren eingeleitet.