31.08.2021, Bayerisches Landeskriminalamt

15. November 2006 – Milliardenschwerer Schmiergeldskandal bei Siemens

Es war der 15. November 2006, als mehrere Hundert Polizeibeamte, Steuerfahnder und Staatsanwälte Firmenbüros des Elektrokonzerns Siemens und Wohnungen einiger Mitarbeiter durchsuchten. Der Verdacht: In großem Stil sollen Bestechungsgelder geflossen sein. Die weiteren Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft und des Bayerischen Landeskriminalamts offenbarten ein System von Schmiergeldzahlungen – und damit einen der größten Korruptionsskandale der deutschen Wirtschaftsgeschichte.

Bei der Großrazzia im Herbst 2006 hatten die Beamten kistenweise Unterlagen sichergestellt. Kurz nach den Durchsuchungen gab es erste Festnahmen. Die Wirtschaftsermittler des LKA deckten auf, dass Mitarbeiter insbesondere in der Festnetz-Telefonsparte von Siemens unter anderem mit schwarzen Kassen und Scheinfirmen weltweit Aufträge an Land gezogen hatten. Diese waren systematisch eingerichtet worden, um daraus Bestechungsgelder zu zahlen.

Das forderte personelle Konsequenzen. Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer trat im April 2007 als Aufsichtsratschef zurück, auf ihn folgte Gerhard Cromme. Wenige Monate später legte auch Klaus Kleinfeld sein Amt als Vorstandsvorsitzender nieder. Peter Löscher rückte nach. Das Landgericht München verhängte im Oktober 2007 wegen Schmiergeldzahlungen eine Geldbuße in Höhe von 201 Millionen Euro gegen den Siemens-Konzern.

Inzwischen waren auch die US-Börsenaufsicht und das US-Justizministerium auf die Affäre aufmerksam geworden, weil Siemens an der New Yorker Börse notiert war. Der frühere Finanzminister Theo Waigel bekam von den Behörden in den Vereinigten Staaten den Auftrag, die Aufarbeitung der Korruptionsaffäre zu überwachen und zu begleiten.

Der Konzern betonte, auch aus eigener Kraft die Aufklärung des Skandals vorantreiben und mit den Behörden zusammenarbeiten zu wollen. Im November 2007 gab Siemens bekannt, dass über alle Bereiche hinweg zweifelhafte Zahlungen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro entdeckt worden seien. Ab Mai 2008 wurde einem ehemaligen leitenden Mitarbeiter vor dem Landgericht München der Prozess wegen Untreue gemacht. Das Gericht verurteilte ihn später wegen Untreue zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und einer Geldstraße in Höhe von 108000 Euro.

Die Affäre kostete das Unternehmen ein Vermögen: Strafzahlungen, Geldbußen, Steuernachzahlungen und andere Kosten summieren sich am Ende auf mehr als zwei Milliarden Euro.